Tipps und Urteile

Erstattung von Vermittlungsgebühren, die der Arbeitgeber bezahlt hat, durch den Arbeitnehmer:
Wenn der Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer vereinbart, dass der Arbeitnehmer die Kosten, die der Arbeitgeber für einen Personalvermittler bezahlt hat, erstatten muss, so ist eine solche Vereinbarung unwirksam. Der Arbeitnehmer muss solche Kosten nicht erstatten. (Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 20.06.2023, Aktenzeichen 1 AZR 265/22)

Der Arbeitgeber hatte an eine Personalvermittlungsagentur ca. 6700,00 € für die Vermittlung eines Arbeitnehmers gezahlt. Ende März 2021 kam ein Arbeitsvertrag zustande.
Der vom Arbeitgeber gestellte Arbeitsvertrag, bei dem es sich nach den Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts um einen Formulararbeitsvertrag handelte, beinhaltete die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Vermittlungsprovision an den Arbeitgeber zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus bestehen sollte und von dem Kläger selbst aus von ihm zu vertretenden Gründen gekündigt werden würde.
Tatsächlich kündigte der Kläger zum 30.06.2021. Daraufhin behielt der Arbeitgeber von der Juni-Vergütung des Klägers ca. 800,00 € netto ein. Diesen Betrag machte der Kläger daraufhin mit einer Klage geltend. Von dem Arbeitgeber wurde eine Widerklage auf Zahlung von ca. 3650 € erhoben.

Schon in den vorangegangenen Instanzen war der Kläger erfolgreich gewesen. Das Bundesarbeitsgericht sah es wie die vorinstanzlichen Gerichte. Der Kläger bekam also ca. 800,00 € netto zugesprochen und musste keine ca. 3650,00 € an den Arbeitgeber zahlen

Das Gericht sah in der Vertragsklausel eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers und erklärte sie deshalb für unwirksam. Der Arbeitgeber müsse grundsätzlich das Risiko für von ihm getätigte Aufwendungen zur Personalbeschaffung tragen. Der Kläger werde durch die Klausel in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz garantierten Recht auf freie Arbeitsplatzwahl beeinträchtigt. Begründete Interessen des Arbeitgebers würden dies nicht rechtfertigen.

Bewertung / Tipp:
Eine begrüßenswerte Entscheidung. Arbeitgeberrisiken können nicht einfach über einen Formulararbeitsvertrag auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden.

Wenn Ihnen Klauseln in Ihrem Arbeitsvertrag suspekt erscheinen sollten, sollten Sie sich von mir beraten lassen.
Ich mache häufig die Erfahrung, dass kleine Fehler das Potenzial zu großer Wirkung haben.

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(eingestellt am 22.06.2023)