Aufhebungsvertrag

Mit einem Aufhebungsvertrag kann die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vertrag vereinbart werden. Die Beendigung wird dann nicht durch eine Kündigung verursacht, sondern eben durch Vertrag. Ein solcher Vertrag muss immer in Schriftform abgeschlossen werden (§ 623 BGB). 

Der Aufhebungsvertrag wird von Arbeitgebern gern als Mittel zur Personalreduzierung genutzt. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht bin ich häufiger mit Sachverhalten folgender Art konfrontiert worden: 

Der Arbeitnehmer wird unvorbereitet und spontan zu einem Personalgespräch eingeladen. Dies läuft dann in etwa nach dem Muster:

„Wegen Ihrer schlechten Leistungen bzw. Ihrer Verfehlungen könnten wir Ihr Arbeitsverhältnis ohne weiteres kündigen. Allein aus sozialen Gründen und um Ihnen weiteren Ärger und Nachteile zu ersparen, bieten wir Ihnen einen Aufhebungsvertrag an, den wir hier schon einmal vorbereitet haben. Wenn Sie den unterschreiben, Können Sie uns in allen Ehren erhobenen Hauptes verlassen und ein gutes Zeugnis bekommen Sie dann auch von uns.“

Das Szenario wird natürlich dramatischer gestaltet als hier mit wenigen Worten skizziert. 

Und so ist es häufiger auch dazu gekommen, dass Betroffene, völlig eingeschüchtert unter dem „Gewicht der Beweise“ und überwältigt von spontanen Schuldgefühlen einen Aufhebungsvertrag bei einem solchen Gespräch unterschrieben haben.

Für die Arbeitgeberseite ist der Aufhebungsvertrag ein sehr attraktives Instrument, denn:

  • Der Aufhebungsvertrag macht sämtliche Kündigungsschutzvorschriften hinfällig, die sich z.B. aus Kündigungsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Schwerbehindertenrecht et cetera ergeben.
  • Der Betriebsrat muss nicht beteiligt werden, wie es im Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Fall wäre.

Hier ist größte Vorsicht geboten. Ein Aufhebungsvertrag kann tief greifende sozialrechtliche Folgen für Arbeitnehmer haben. Diese kann man unmöglich in einem spontanen Gespräch überblicken. Niemand kann von Ihnen verlangen, einen solchen Vertrag ohne ruhige Überlegung spontan zu unterschreiben.

Mein Rat:

  • Unterschreiben Sie niemals in einer solchen Situation.
  • Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht verstehen.
  • Ziehen Sie zu solchen Gesprächen immer ein Betriebsratsmitglied Ihres Vertrauens hinzu.
  • Lassen Sie sich immer vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages rechtlich beraten. 

Die sozialrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrages:

Wenn Sie nach Abschluss des Aufhebungsvertrages arbeitslos werden, droht Ihnen eine Sperrzeit, die in der Regel 12 Wochen dauert (§ 159 Abs. 1 und Abs. 3 SGB III). Während dieser Zeit ruht Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld. Außerdem verkürzt sich die Dauer Ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Nach dem Gesetz ist die Verkürzung so lang wie die Dauer der Sperrzeit. Wenn die Sperrzeit allerdings 12 Wochen beträgt, ist die Verkürzung so lang wie die Dauer der Sperrzeit, mindestens aber ¼ der der Anspruchsdauer für das Arbeitslosengeld (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).

Das bedeutet: wenn Sie (den höchstmöglichen) Anspruch auf Arbeitslosengeld von 24 Monaten haben, verkürzt sich Ihre Anspruchsdauer um 6 Monate auf dann 18 Monate!

Vorsicht ist erst recht geboten, wenn eine Abfindung gezahlt werden und gleichzeitig die Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber beachten müsste, abgekürzt werden soll. Dann ruht vom Grundsatz her der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit zwischen Aufhebungsvertrag und dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Kündigung durch den Arbeitgeber geendet hätte (§ 158 SGB III enthält Modifikationen dieser Zeitfrist. Es würde zu weit führen, diese hier ausführlicher zu behandeln).

Vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages sollte also immer durch kompetente Rechtsberatung geklärt werden, ob Ihnen eine Sperrzeit droht. 

Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterschrieben haben: Gibt es Möglichkeiten, wieder aus dem Aufhebungsvertrag herauszukommen?

Grundsätzlich ist das bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen möglich.

Ansatzpunkte können sich ergeben, wenn

  • das Schriftformerfordernis gemäß § 623 BGB i.V.m. § 126 BGB nicht eingehalten wurde,
  • ein Arbeitnehmer bei Abschluss des Aufhebungsvertrages genötigt oder getäuscht wurde

(Nötigung und Täuschung sind allerdings oft vor Gericht schwer zu beweisen!),

  • ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung den Widerruf innerhalb einer Frist erlaubt oder
  • ein Arbeitgeber eine im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung nicht zahlt und das Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers nicht vertraglich abbedungen worden ist (§ 323 Abs. 1 BGB, so hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, Urteil vom 10.11.2011, Aktenzeichen 6 AZR 357/10).