Tipps und Urteile

Wird eine Arbeitnehmerin auf ihr Verlangen hin nicht von der Homepage der Arbeitgeberin entfernt, kann sich daraus ein Schadensersatzanspruch ergeben (Arbeitsgericht Neuruppin, Urteil vom 14.12.2021, Aktenzeichen 2 Ca 554/21).
Die Klägerin dieses Verfahrens, die über einen akademischen Abschluss als Biologin verfügte, war bei der Beklagten nicht als Biologin, sondern als Mitarbeiterin im Büromanagement eingestellt.
Im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schrieb die Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Arbeitgeberin am 28.08.2020, dass die Klägerin immer noch auf der Homepage der Arbeitgeberin als Arbeitnehmerin erwähnt sei, und dies als Biologin, und zwar in folgender Weise:
„Welchen Service erhalten Sie von uns?
Unsere Biologin … erstellt Ihnen nach der Wasseranalyse ein Analyseprotokoll mit Handlungsempfehlungen und Stellungnahmen. Sie wird Sie anschließend, wenn Sie es wünschen, noch weitere Zeit betreuen, die Wasserwerte regelmäßig kontrollieren und somit zur Verbesserung und Stabilisierung Ihres Teiches beitragen.“
Die Prozessbevollmächtigte verlangte von der Arbeitgeberin, die Daten der Klägerin von der Homepage herunter zu nehmen. Gleichzeitig informierte sie die Arbeitgeberin darüber, dass sie sich mit Schreiben vom 27.08.2020 an die Landesdatenschutzbeauftragte gewandt habe.
Die Beklagte ließ sich davon scheinbar nicht beeindrucken und nahm
trotzdem die Daten der Klägerin nicht von ihrer Homepage. Daraufhin schrieb die Prozessbevollmächtigte die Beklagte am 07.05.2021 an, forderte von der Beklagten eine Unterlassungserklärung und auch die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 8000,00 €. Die Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab und zahlte statt des geforderten Betrages aber nur 150,00 € an die Klägerin.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage vor dem Arbeitsgericht Neuruppin. Dort beantragte sie die Zahlung von 5000,00 € abzüglich bereits gezahlter 150,00 €.

Das Arbeitsgericht Neuruppin sprach ihr 1000,00 €, abzüglich der bereits gezahlten 150,00 €, zu.
Der Anspruch der Klägerin wurde mit Art. 82 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) begründet. Danach kann jede Person, der ein Schaden wegen des Verstoßes gegen die DSGVO entstanden ist, Schadensersatz von dem Verantwortlichen verlangen.

Das Gericht hat in der Entscheidung nach der „richtigen“ Schadenersatzsumme gesucht. Wie macht man das? Man sieht nach, was die anderen Gerichte zugesprochen haben. Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einer Entscheidung vom 14.09.2020 (Aktenzeichen 2 Sa 358/20) einer Klägerin in einem vergleichbaren Fall 300,00 € zugesprochen. In dem dortigen Fall hatte das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass eine fahrlässige Nichtlöschung der Daten der dortigen Klägerin vorlag. Sie war nicht wie die Klägerin im Fall des Arbeitsgerichts Neuruppin ohne weiteres auf der Homepage der Beklagten auffindbar, sondern nur über eine Verknüpfung im Internet.
Das Arbeitsgericht Neumünster hat 1500,00 € ausgeurteilt (Urteil vom 11. 8. 2020, Aktenzeichen 1 Ca 247 c/20). Dort ging es aber nicht um Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO, sondern um Schadenersatz wegen verspäteter Auskunft nach Art. 15 DSGVO. Das Landesarbeitsgericht Hamm urteilte ebenfalls wegen verspäteter und außerdem unzureichender Auskunft nach Art. 15 DSGVO 1000,00 € aus (Urteil vom 11.05.2021, Aktenzeichen 6 Sa 1260/20).
Das Arbeitsgericht Neuruppin wies darauf hin, dass Art. 82 DSGVO eine Warn- und Abschreckungsfunktion beinhalte. Die Beklagte habe trotz des Hinweises der Klägerin im Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20.08.2020 mehrere Monate lang die Daten der Klägerin nicht von ihrer Homepage entfernt. Das Gericht sprach nicht zuletzt deshalb der Klägerin insgesamt 1000,00 € zu.

Bewertung:
Richtig, dass das Arbeitsgericht Neuruppin der Klägerin einen Schadensersatzanspruch für ihren immateriellen Schaden zuerkannt hat. Angesichts der Art und Weise des Verstoßes ist die Arbeitgeberin aber „sehr gut weggekommen“. Sie hatte immerhin die Funktion der Klägerin in ihrem Unternehmen auch noch völlig falsch dargestellt als jemanden, die für Wasseranalysen und Fertigung von Stellungnahmen dazu zuständig sei. Und sie reagierte erst auf massives Vorgehen der Klägerin hin.Hier hätte das Gericht durch Zuerkennung einer höheren Summe der von dem Gericht selbst hervorgehobenen Warn- und Abschreckungsfunktion von Art. 82 DSGVO mehr Geltung verschaffen sollen.
(eingesteltt am 08.07.2022)