Tipps und Urteile

Eine Anordnung der Arbeitgeberin, die das Rauchen nur in den festgelegten Pausen erlaubt, unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, denn es handelt sich um eine Anordnung, die nicht das Ordnungsverhalten, sondern das Arbeitsverhalten betrifft. Deshalb kein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 24.06.2021, Aktenzeichen 5 BV 1/21)
Die Arbeitgeberin ist ein Logistikdienstleister in einem Seehafen. Dort werden insbesondere Holzprodukte umgeschlagen. Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden. Es existiert ein Haustarifvertrag. Dieser legt die Arbeits- und Pausenzeiten fest.
Außerdem gibt es eine Betriebsvereinbarung, die regelt, dass nur in den sogenannten Raucherinseln geraucht werden darf. Auf dem Gelände der Arbeitgeberin sind 5 Raucherinseln verteilt.

Im Jahr 2020 war es bei mehreren holzverarbeitenden Unternehmen in der Nachbarschaft der Arbeitgeberin zu Bränden gekommen.

Die Arbeitgeberin veröffentlichte eine Verhaltensordnung, die besagte: „… Somit ist das Rauchen ausschließlich auf den gemäß Anlage 1 aufgeführten „Raucherinseln“ und ausschließlich in der tariflich vorgeschriebenen Pause gestattet.“
Der Betriebsrat machte in dem Verfahren geltend, dass die Arbeitgeberseite die Verhaltensordnung nicht anwenden dürfe, weil der Betriebsrat sie nicht mitbestimmt habe.
Bisher sei es aufgrund technischer Vorgänge bei der Arbeit des Öfteren möglich gewesen, dass Arbeitnehmer nicht mit Arbeiten beschäftigt waren und daher während der Arbeitszeit Raucherpausen einlegen konnten, die nicht als Pausenzeiten gewertet wurden.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern arbeitete in dem Beschluss heraus, dass Arbeitszeiten und Pausen bereits tarifvertraglich geregelt waren. Auch war – durch die Betriebsvereinbarung – bereits geregelt, dass nur in den Raucherinseln geraucht werden durfte.
Ungeregelt war dementsprechend nur die Anordnung der Arbeitgeberin, während der Arbeitszeit nicht zu rauchen. Diese Anordnung sah das Gericht als ausschließlich auf das Arbeitsverhalten bezogen. Sie zielte nach Auffassung des Gerichts auf die Einhaltung der Arbeitszeiten. „Während des Rauchens können die Arbeitnehmer des Seehafens grundsätzlich keine Arbeitsleistung erbringen. Rauchen außerhalb der vorgesehenen Pausen stellt eine Unterbrechung der Arbeitstätigkeit dar. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, solche Arbeitsunterbrechungen zu dulden …“
Auch wenn es arbeitstechnisch so sei, dass wegen Schwankungen im Arbeitsanfall nicht alle Arbeitnehmer durchgehend beschäftigt werden könnten, seien diese nicht berechtigt, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und eine Raucherinsel aufzusuchen oder etwa andere private Angelegenheiten zu erledigen.

Bewertung / Tipp:
Mitbestimmungspflichtig gemäß § 87 Abs. 1 Nummer 1 BetrVG sind Fragen des betrieblichen Zusammenlebens und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Nicht mitbestimmungspflichtig sind direkt auf die Arbeitspflicht bezogene Anweisungen des Arbeitgebers. Die Pausenzeiten waren bereits tarifvertraglich geregelt, daher bestand gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kein Mitbestimmungsrecht. Der Ort des Rauchens war in der Betriebsvereinbarung geregelt, daher war hinsichtlich dieser Frage das Mitbestimmungsrecht bereits ausgeübt. Es blieb also nur noch die Frage übrig, ob die Arbeitnehmer sich während der Arbeitszeit zu Raucherpausen in die Raucherinseln begeben durften. Die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, das sei eine auf die Arbeitspflicht bezogene Anweisung, ist daher nicht zu beanstanden.
Es handelt sich um eine gute „Lehrbuchentscheidung“ zur Frage des Mitbestimmungsrechts gemäß § 87 Abs. 1 Nummer 1 BetrVG.
(eingestellt am 22.05.2022)