Tipps und Urteile

Maskenpflicht am Arbeitsplatz: die Einführung der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung am Arbeitsplatz ist dem Arbeitgeber grundsätzlich erlaubt; ein ärztliches Attest muss die Unzumutbarkeit des Tragens einer Maske hinreichend begründen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. 20.04.2022, Aktenzeichen 7 Sa 106/22)
Der Kläger war Arbeitnehmer in Position eines Vorgesetzten in einem Unternehmen zur Herstellung von Kakaobutter. Er kam der Anweisung seines Arbeitgebers, zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus in festgelegten Bereichen für kurze Zeiträume eine Mund-Nasen-Bedeckung bzw. ein Gesichtsvisier zu tragen, nicht nach. Hierbei bezog er sich unteranderem auf zwei Atteste, die ihm eine Ärztin ausstellte. Diese befreiten ihn seiner Auffassung nach von der Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber setzte seinen Arbeitnehmer daraufhin nicht mehr ein und zahlte ihm kein Arbeitsentgelt für diesen Zeitraum.
Der Arbeitnehmer beantragte, den Arbeitgeber zur Zahlung des Arbeitsentgelts zu verpflichten.
Nach seiner Auffassung geriet der Arbeitgeber in Annahmeverzug gem. §§ 293 ff. BGB und sei somit zur Zahlung des Arbeitsentgelts gem. §§ 611a Abs. 2, 615 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag verpflichtet.
Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und folgte der Argumentation des Arbeitsgerichts.
Der Arbeitnehmer setzt den Arbeitgeber in Annahmeverzug, indem er seine Arbeitsleistung tatsächlich oder wörtlich anbietet. Das habe der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht getan. Das Landesarbeitsgericht sah in der Maskenpflicht eine rechtmäßige Anweisung, welche den Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeitsleistung unter Einhaltung dieser Pflicht anzubieten.
Das Recht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer anzuweisen, in bestimmten Bereichen eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ergibt sich nach Auffassung des LAG aus § 106 Gewerbeordnung. Dieser Verpflichtung könne der Kläger auch nicht unter Bezugnahme auf sein Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 GG entgehen. Diesem stehe das Recht auf körperliche Unversehrtheit der anderen Arbeitnehmer entgegen und finde vorliegend darin seine Grenzen. Außerdem hielt das Landesarbeitsgericht die Atteste für nicht aussagekräftig. Die Ärztin hatte darin vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus medizinischer Sicht dringend abgeraten bzw. hielt dies aus hausärztlicher Sicht und medizinischen Gründen für unzumutbar. Nach Auffassung des Landgerichts reicht das nicht aus, um hinreichend darzulegen, dass es dem Kläger tatsächlich unzumutbar ist, auch nur für kurze Zeiträume eine Maske zu tragen.
Der Arbeitgeber war vorliegend verpflichtet, ein Hygienekonzept für seinen Betrieb zu entwickeln. Hierbei muss er nicht auf weniger einschränkende Mittel wie z.B. regelmäßige Tests ausweichen, sondern darf, so das Landgericht, auch eine Maskenpflicht für bestimmte Bereiche einführen.

Bewertung / Tipp:
Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber erlaubt, eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz anzuordnen, wenn das Infektionsgeschehen dies erforderlich macht. Sollten Sie sich aus gesundheitlichen Gründen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht in der Lage fühlen, empfehle ich Ihnen, Rücksprache mit Ihrem Arzt zu halten, ob es Ihnen für die angeordneten Zeiträume tatsächlich unzumutbar ist. Der Arzt sollte sodann sein Ergebnis unter Angabe eines hinreichenden Grundes attestieren.
Der Arbeitgeber müsste sich daraufhin bemühen, die Arbeitsbedingungen für Sie zumutbar zu gestalten – beispielsweise durch Versetzung oder Home Office. Aber Vorsicht: Sollte das objektiv unmöglich sein, käme auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.

stud. iur. Leonie Reß, Praktikantin im Büro Bonkowski
(eingestellt am 08.08.2022)