Tipps und Urteile

Der Betriebsrat hat Anspruch auf die Einrichtung von Betriebsrats-E-Mail Konten, die auch außerhalb der Betriebsräume abrufbar sind. (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.01.2022, Aktenzeichen 3 TaBV 10/21)
Es ging hier um einen Anspruch des Betriebsrats aus § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Ein Betriebsrat einer Pflegedienstleisterin hatte das Arbeitsgericht Schwerin angerufen. Grund war, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat zunächst E-Mail Konten eingerichtet hatte, die dieser auch von außerhalb der Betriebsräume abrufen konnte. Die Konzernmutter der Arbeitgeberin hatte dagegen wegen der Datensicherheit Bedenken geäußert. Daraufhin änderte die Arbeitgeberin die E-Mail Konten. Sie waren nur noch in den Betriebsräumlichkeiten abrufbar.
Der Betriebsrat ist zuständig für 3 Betriebsstätten, von denen eine ca. 25-30 km von R entfernt in C-Stadt liegt. Keines der Betriebsratsmitglieder ist derzeit in C-Stadt beschäftigt.
Es handelt sich um einen Schichtbetrieb.
In der Geschäftsordnung des Betriebsrats ist ausdrücklich eine Regelung gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz enthalten.
Der Betriebsrat beantragte sinngemäß, die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm E-Mail Konten einzurichten, auf die auch von außerhalb der Betriebsräume zugegriffen werden konnte.

Sowohl das Arbeitsgericht Schwerin als auch das Landesarbeitsgericht Rostock gaben dem Antrag statt.
Das Landesarbeitsgericht führte aus, dass der Betriebsrat abwägen müsse, ob ein von ihm verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich sei und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sei. Abzuwägen sei das Interesse der Belegschaft an einer sachgerechten ordnungsgemäßen Ausführung der Betriebsratstätigkeit und berechtigte Interessen der Arbeitgeberseite zur Kostenminimierung. Der Betriebsrat müsse die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen.
Diese Abwägungsentscheidung sah das Gericht in Anbetracht der Verhältnisse, die betriebsintern bestanden, vom Betriebsrat als korrekt getroffen an. Ein Teil der Betriebsratsmitglieder waren in einem Schichtsystem tätig. Bei externer Zugriffsmöglichkeit auf ein E-Mail Konto sah das Gericht den Informationsfluss als erheblich erleichtert an. Hier sah das Gericht auch ein Interesse des Arbeitgebers, beispielsweise bei kurzfristigen Personalausfällen.
Ergänzend begründete das Gericht seine Entscheidung auch mit dem neugefassten § 30 BetrVG und dem ebenfalls neugefassten § 34 BetrVG. Die Neuregelungen in beiden Paragrafen sollen dem Betriebsrat die Teilnahme von Mitgliedern an Sitzungen mithilfe von Video- und Telefonkonferenzen ermöglichen. Eine solche Teilnahme ist nur möglich, wenn vorab die notwendigen Informationen und Unterlagen an das betroffene Betriebsratsmitglied in Textform versandt worden sind. Auch sieht die Neufassung in § 34 Abs. 1 Satz 4 BetrVG vor, dass ein Betriebsratsmitglied, das über Video- oder Telefonkonferenz an der Sitzung teilgenommen hat, in Textform bestätigen muss, dass es an der Sitzung teilgenommen hat. Dafür stelle der externe Zugang zu E-Mail Konten eine erforderliche Kommunikationsmöglichkeit dar. Das habe auch der gesetzgeberischen Intention entsprochen.

Bewertung / Tipp:
Eine gesetzeskonforme Entscheidung, die eine ordnungsgemäße Betriebsratstätigkeit stützt.

Betriebsräte sollten daran denken, in ihrer Geschäftsordnung Regelungen gemäß § 30 Abs. 2 BetrVG für die Teilnahme von Mitgliedern mittels Videokonferenz oder Telefonkonferenz zu schaffen. Wie man an dieser Entscheidung sieht, stützt das Vorhandensein einer Regelung in der Geschäftsordnung auch einen Anspruch auf externe Zugriffsmöglichkeiten zu E-Mails.
(eingestellt am 14.01.2023)