Tipps und Urteile

Der Betriebsrat kann verlangen, dass ihm die notwendigen Information- und Kommunikationsmittel zur Durchführung von Videokonferenzen zur Verfügung gestellt werden (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.04.2021, Aktenzeichen 15 TaBVGa 401/21)
Ein aus 11 Mitgliedern bestehender Betriebsrat hatte eine einstweilige Verfügung beantragt. Der Betriebsrat hatte beantragt, der Arbeitgeberin aufzugeben, an den Betriebsrat einen Kostenvorschuss in Höhe von 2100 € für den Erwerb von Software-Lizenzen und Anschaffung von Headsets, Webcams und Smartphones nebst Datenverträgen zu zahlen. Hilfsweise hatte der Betriebsrat beantragt, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm 2 Lizenzen für MS Teams, 11 Smartphones und 2 Webcams zur Verfügung zu stellen, wobei die technischen Spezifikationen der Hardware-Geräte vom Betriebsrat auch genau angegeben worden waren.

Hintergrund des Antrags war, dass die Arbeitgeberin einen Sitzungsraum für Betriebsratssitzungen speziell angemietet hatte. Der Raum war aber bei Einhaltung der Corona-Abstandsregeln maximal mit 9 Personen nutzbar. Einzelne Mitglieder des Gremiums gehörten der COVID-19-Risikogruppe an. Und auch einer Erkrankung oder Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden wollte der Betriebsrat mit den beantragten technischen Mitteln vorsorgen.

Das Landesarbeitsgericht lehnte den Antrag auf Kostenvorschuss ab, verurteilte aber die Arbeitgeberin dazu, die Kommunikationsgegenstände und Lizenzen dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz sei der Betriebsrat nicht berechtigt, sich die Sachmittel für die Betriebsratstätigkeit selbst zu beschaffen. Er könne auch nicht verlangen, dass der Arbeitgeber ihm dafür Geld zur Verfügung stelle. Der Betriebsrat habe einen Überlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber.

Bewertung / Tipp:
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Der Gesetzgeber hat mit Einführung von § 30 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten die Möglichkeit eingeräumt, die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mit Video- und Telefonkonferenz zu ermöglichen. Ohne dass die Arbeitgeberin entsprechende Technik und Softwarelizenzen zur Verfügung stellt, wird das nun einmal nicht gehen. Ohne die Zurverfügungstellung von Smartphones wären Ersatzmitglieder gar nicht in der Lage, an solchen Konferenzen teilzunehmen.

Da § 30 Betriebsverfassungsgesetz voraussetzt, dass eine Geschäftsordnung des Betriebsrats besteht, in der die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mit Einsatz von Video- und Telefonkonferenztechnik geregelt sind, sollte der Betriebsrat sich eine solche Geschäftsordnung geben, bevor er von der Arbeitgeberin die Zurverfügungstellung der erforderlichen Technik verlangt.

Bemerkenswert noch folgender Satz in der Begründung des Landesarbeitsgerichts:
„Letztlich kann offenbleiben, ob nicht unabhängig von der konkreten Pandemiesituation allen Betriebsratsmitgliedern wegen der Besonderheiten des Einzelfalls mobile Telefongeräte zur Verfügung zu stellen sind, was auch nachvollziehbar angenommen wird (so Hessisches Landesarbeitsgericht 28.11.2011 – 16 TaBV 129/11).“ Diese Frage musste das Landesarbeitsgericht nicht entscheiden, weil der Betriebsrat einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hat. Das Landesarbeitsgericht hat aber deutlich gemacht, dass es einem solchen Antrag positiv gesonnen gewesen wäre.

Auch eine Jugend- und Auszubildendenvertretung als Hilfsorgan des Betriebsrats ist berechtigt, Video- und Telefonkonferenzen durchzuführen, wenn sie eine entsprechende Geschäftsordnung hat. Das gilt auch für die Schwerbehindertenvertretung.

Inzwischen dürfte allen Betriebsräten bekannt sein, dass die zuletzt bis zum 19.03.2022 verlängerte Sonderregelung in § 129 Betriebsverfassungsgesetz, nach der Betriebsversammlungen auch digital durchgeführt werden konnten, ab dem 17.09.2022 bis zum 07.04.2023 einschließlich verlängert wurde.
(eingestellt am 15.12.2022)