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Corona und Kündigung: „Rotzlappenbefreiung“ (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 17.06.2021, Aktenzeichen 12 Ca 450/21)
Der Arbeitnehmer und Kläger war bei der Arbeitgeberin und Beklagten als Servicetechniker im Außendienst beschäftigt. Er erhielt am 01.12.2020 einen Kundendienstauftrag. Der Kunde hatte ausdrücklich auf die Maskentragungspflicht hingewiesen. Der Kläger wandte sich an die Mitarbeiter des Kunden und erklärte dort, dass er keine Maske tragen würde und auch den Auftrag nicht ausführen würde. Er reichte der Arbeitgeberin mit E-Mail vom 01.12.2020 unter dem Betreff „Rotzlappenbefreiung“ ein auf den 26.06.2020 datiertes Attest ein. Dieses war auf Blankopapier von einer Frau XXX, Fachärztin für innere Medizin geschrieben worden. Es hieß darin:

„Hiermit bestätige ich, dass es für Patient / Patientin
Name:
aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARRS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen.“

Die Beklagte erteilte dem Kläger am gleichen Tage schriftlich die Weisung, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Sie erkenne das Attest mangels konkreter nachvollziehbarer Angaben nicht an. Sie bot dem Kläger an, die Kosten für eine Mund-Nasen-Schutz zu übernehmen. Außerdem wurde ihm ein Termin bei einem betriebsärztlichen Dienst zur Prüfung der Arbeitseignung angeboten. Diese Prüfung lehnte der Kläger ab.
Wegen der Ablehnung des Kundenauftrages erteilte die Arbeitgeberin dem Kläger am 11.12.2020 eine Abmahnung.

Am 04.01.2021 wies die Arbeitgeberin dem Kläger einen Einsatz für den 05.01.2021 zu. Dieser teilte mit, dass er den Auftrag nur durchführen werde, wenn er keinen Mund-Nasen-Schutz tragen müsse.
Am 05.01.2021 hört die Beklagte den Betriebsrat zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Es erfolgte am 11.01.2021 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dagegen richtete sich die Klage des Klägers.

Das Arbeitsgericht Köln erklärte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses für wirksam. Das Attest sei bereits ein halbes Jahr alt gewesen, als der Kläger es vorgelegt habe und daher nicht mehr aktuell gewesen. Es habe nur einen Satz und keinerlei weitere Begründung enthalten. Es habe eine konkrete Diagnose eines Krankheitsbildes gefehlt. Für die Glaubhaftmachung bedürfe es ärztlicher Bescheinigungen, die konkrete und nachvollziehbare Angaben enthielten. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass gegebenenfalls durch Gefälligkeitsatteste die angeordnete Maskenpflicht unterlaufen und ihre Wirksamkeit verlieren würde.
Das Gericht hatte auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorbringens des Klägers, weil er den Mund-Nasen-Schutz als Rotzlappen bezeichnet habe und auch das Angebot der Arbeitgeberin einer betriebsärztlichen Untersuchung ausgeschlagen hatte.

Die Interessenabwägung, die bei außerordentlichen Kündigungen immer vorzunehmen ist, fiel zulasten des Klägers aus. Das Gericht wertete es zugunsten der Arbeitgeberin, dass diese Kundenaufträge gar nicht mehr ausführen könnte, wenn sie die Arbeit des Klägers ohne Mund-Nasen-Schutz akzeptiere. Außerdem habe die Arbeitgeberin eine Fürsorgepflicht nicht nur gegenüber dem Kläger, sondern auch gegenüber ihren Kunden. Beide würde die Arbeitgeberin dann auch einem Quarantänerisiko mit den sich daraus ergebenden finanziellen Folgen aussetzen.

Bewertung:
Ich halte die Entscheidung im Ergebnis für richtig. Für bedenklich halte ich es allerdings, dass das Gericht eine Verpflichtung für den Arbeitnehmer sah, der Arbeitgeberin ein konkretes Krankheitsbild mitzuteilen. Dafür sehe ich keine Rechtsgrundlage.