Tipps und Urteile

Kündigung wegen Weigerung, bei der Arbeit eine rote Hose zu tragen: Kündigung wirksam (Arbeitsgericht Solingen, Pressemitteilung vom 16.05.2024 zum Urteil vom 15.03.2024, Aktenzeichen 1 Ca 1749/23)
Der betroffene Arbeitnehmer ist seit dem 01.06.2014 in einem Industriebetrieb beschäftigt. Dort gibt es eine Kleiderordnung. Die Arbeitgeberin stellt funktionelle Arbeitskleidung zur Verfügung. Dazu gehört eine Hose in roter Farbe. Der Arbeitnehmer war an 2 Arbeitstagen im Oktober 2023 in einer schwarzen Hose erschienen. Dafür erhielt er am 03.11.2023 eine Abmahnung. Am 23.11.2023 erschien er wieder in einer privaten Hose, die nicht rot war. Der Aufforderung, am nächsten Tag die rote Arbeitshose zu tragen, kam er nicht nach, sondern erschien am 24.11.2023 wieder in einer anderen Hose. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß.

Die gegen die Kündigung erhobene Klage des Arbeitnehmers vor dem Arbeitsgericht Solingen war erfolglos. Der Arbeitnehmer hatte die Auffassung vertreten, dass das Direktionsrecht der Arbeitgeberin nicht so weit erreiche, ihm die Hosenfarbe vorzuschreiben.
Die Arbeitgeberin führte als Argumente für die von ihr vorgeschriebene Hose als Teil ihrer Kleiderordnung an, dass es ihr um die Wahrung der Corporate Identitiy, die Verwendung der Signalfarbe zum Unfallschutz der Arbeitnehmer und die leichte Unterscheidbarkeit der Arbeitnehmer der Firma von Arbeitnehmern anderer Firmen ginge. Außerdem handele es sich bei der roten Arbeitshose um eine Schutzausrüstung.
Die Arbeitgeberin trug konkret zur Schutzklasse der von ihr vorgeschriebenen Hose vor. Das scheint nach den vorgenannten Punkten letztlich der entscheidende Punkt gewesen zu sein, der das Gericht überzeugte. Es ging davon aus, dass es sich um Arbeitsschutzkleidung handelt. Das ästhetische Empfinden des Klägers rechtfertige eine Verweigerung der roten Hose nicht. Dies Argument müsse zurückstehen. Das Gericht erklärte die Kündigung für wirksam.

Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingelegt. Dort wird das Verfahren unter dem Aktenzeichen 3 SLa 224/24 geführt.

Bewertung / Tipp
Grundsätzlich ist anerkannt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts aus § 106 berechtigt sein kann, das Tragen bestimmter Dienstkleidung anzuordnen. Es kommt letztlich immer auf die Details des Einzelfalls an. Soweit es um Schutzbekleidung geht, leitet sich die Verpflichtung der Arbeitnehmer, solche Kleidung anzuziehen, aus § 15 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz her.
Unzumutbar kann trotzdem beispielsweise Kleidung sein, die gesundheitsschädlich ist, etwa, weil sie zu Hautreizungen führt oder wegen eines hohen Kunststoffanteils ungesundes Schwitzen hervorruft. Mir ist ein Fall in Erinnerung, in dem Arbeitsschuhe von stark geminderter Qualität waren, sodass sie drückten und zu Schweißfüßen führten. Auch unzumutbare Beschriftungen oder Bebilderungen sind denkbar.

Ein mit Bekleidungsvorschriften des Arbeitgebers einhergehendes Problem ist, ob Umkleidezeiten zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören. Die Umkleidezeit gehört jedenfalls dann zur Arbeitszeit, wenn das Tragen der vorgeschriebenen Dienstkleidung allein im Arbeitgeberinteresse liegt, also fremdnützig ist. Wenn die Kleidung besonders auffällig ist, braucht sie nicht bereits auf dem Arbeitsweg getragen werden. Wenn daher das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss, ist die Umkleidezeit zu vergüten (Bundesarbeitsgericht, Beschluss v. 10.11.2009, Aktenzeichen 1 ABR 54/08).
Sofern es um Schutzkleidung geht, die notwendig an einem bestimmten Ort angelegt werden muss, zum Beispiel OP-Bekleidung oder Kleidung für staubfreie Räume, ist die Umkleidezeit selbstverständlich Arbeitszeit.

Für Betriebe mit Betriebsräten gilt: Sowohl die Kleiderordnung als auch die Umkleidezeiten unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nummer 1 und Nummer 2 BetrVG.
(eingestellt am 22.05.2024)