Tipps und Urteile

Wird ein Arbeitnehmer, dem das Recht eingeräumt wurde, ein Firmenfahrzeug zusätzlich zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben auch privat zu nutzen, als Betriebsratsmitglied vollständig gemäß Paragraf 37 Abs. 2 BetrVG freigestellt, hat er auch nach der Freistellung einen Anspruch auf private Nutzung des Dienstfahrzeugs. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.06.2004, Aktenzeichen 7 AZR 514/03)
Der Arbeitnehmer in diesem Verfahren war Betriebsratsmitglied. Es existierte ein Vertrag über die Überlassung eines Dienstfahrzeugs. Darin hieß es unter anderem:

9. Beendigung der Fahrzeugüberlassung. Die Gebrauchsüberlassung eines Firmenfahrzeuges ist an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endet spätestens mit dessen Ende. Ein Anspruch auf Überlassung besteht nicht für Zeiten in denen das Arbeitsverhältnis ruht (z.B. Wehrdienst, Erziehungsurlaub, unbezahlter Urlaub) oder R nicht zur Entgelt bzw. Entgeltfortzahlung verpflichtet ist … Die Gebrauchsüberlassung endet auch, wenn eine Änderung der Aufgaben des Mitarbeiters durch Anweisung der Geschäftsleitung oder eine Freistellung von der Dienstpflicht keine Tätigkeit mit dienstlicher Fahrzeugnutzung mehr vorsieht. Besteht Uneinigkeit über die Berechtigung einer Kündigung bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so ist das Fahrzeug auf Verlangen R anlässlich der Freistellung von der Dienstleistung sofort herauszugeben. …“

Nachdem der Arbeitnehmer gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG für die Ausübung von Betriebsratstätigkeiten vollständig von der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit befreit worden war, forderte die Arbeitgeberin das dem Arbeitnehmer überlassene Dienstfahrzeug zurück. Danach erhob er eine Klage auf Zurverfügungstellung eines Pkw zur privaten Nutzung und auf Schadenersatz für die Zeit, in der er den Pkw nicht zur privaten Nutzung zur Verfügung gehabt habe.
Beide geltend gemachten Ansprüche sprach das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitnehmer zu. Die Begründung war, dass die Überlassung eines Dienstfahrzeugs zur privaten Nutzung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung um ein Teil der Arbeitsvergütung ist, in diesem Fall in Form eines Sachbezugs. Einem Betriebsrat steht gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG für die Zeit der Arbeitsbefreiung die Vergütung zu, die ihm zugestanden hätte, wenn das Arbeitsverhältnis ohne die Freistellung fortgesetzt worden wäre (Lohnausfallprinzip).
Ausdrücklich ließ das Bundesarbeitsgericht die Frage offen, ob es sich bei der Freistellung des Betriebsratsmitglieds um eine Freistellung im Sinne der oben wiedergegebenen Klausel handelte. Denn wenn sich aus dieser Klausel ergeben würde, dass das Betriebsratsmitglied das Fahrzeug nach einer Freistellung gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG nicht mehr nutzen dürfte, wäre, so das Bundesarbeitsgericht, eine solche Klausel ein Gesetzesverstoß (gegen § 37 Abs. 2 BetrVG) und deshalb gemäß § 134 BGB nichtig.

Bewertung / Tipp:
Der Sinn von § 37 Abs. 2 BetrVG ist, die Bereitschaft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu fördern, ein Betriebsratsamt zu übernehmen. Eine Arbeitnehmerin / ein Arbeitnehmer soll durch die Übernahme des Betriebsratsamtes keine Verdiensteinbußen erleiden müssen. Darauf hat auch das Bundesarbeitsgericht hingewiesen.
Neben der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges sind durch Gesetz und Rechtsprechung beispielsweise Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit, Erschwernis- und Sozialzulagen – kurz: alles, was die / der Arbeitnehmer / Arbeitnehmerin ohne die Freistellung an Vergütung zu beanspruchen hätte, geschützt.
(eingestellt am 22.07.2024)