Tipps und Urteile

Was bedeutet Tarifbindung?
Gemäß § 3 Tarifvertragsgesetz (TVG) sind tarifgebunden „die Mitglieder der Tarifvertragsparteien …“.
Tarifvertragsparteien sind „Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern“ (§ 2 Abs. 1 TVG).
Also: wer Mitglied einer Gewerkschaft ist, die mit einem Arbeitgeber, der im zuständigen Arbeitgeberverband ist, einen Tarifvertrag abgeschlossen hat, der ist gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden. Die Tarifgebundenheit ergibt sich aus der Mitgliedschaft in den jeweiligen Verbänden. Die Gewerkschaft kann auch mit einem einzelnen Arbeitgeber einen Tarifvertrag abschließen. Die Gewerkschaftsmitglieder sind dann mit dem Arbeitgeber tarifgebunden.

Folge: Gewerkschaftsmitglieder können gegenüber dem ebenfalls tarifgebunden Arbeitgeber Ansprüche aus dem Tarifvertrag geltend machen.
Häufig zahlen tarifgebundene Arbeitgeber Leistungen aus dem Tarifvertrag auch an Arbeitnehmer, die nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind. Diesem Personenkreis gegenüber wäre der Arbeitgeber eigentlich gar nicht zu Leistungen aus dem Tarifvertrag verpflichtet.
Warum werden solche Leistungen trotzdem erbracht? Aus Nächstenliebe oder Gerechtigkeitserwägungen?
Natürlich nicht. Würde der Arbeitgeber Arbeitnehmern, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, Leistungen aus dem Tarifvertrag verweigern, so hätte das zur Folge, dass Nichtgewerkschaftsmitglieder ganz schnell der Gewerkschaft beitreten würden. Das ist aber nicht im Interesse der Arbeitgeberseite, denn die Kampfkraft der Gewerkschaft würde durch den Beitritt weiterer Mitglieder gestärkt.

Gültigkeit von Tarifverträgen aus anderen Gründen
1. Das Bundesarbeitsministerium kann gemäß § 5 TVG unter bestimmten Voraussetzungen Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären. Dann gelten sie auch für alle nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
2. Die Gültigkeit von Tarifverträgen kann auch in individuellen Arbeitsverträgen vereinbart werden. Beispiel: im Arbeitsvertrag steht: „Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe und die diesen ergänzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.“
3. Wenn Tarifverträge in einem Betrieb ständig angewendet werden, ohne dass eine Tarifbindung besteht, kann sich die Anwendbarkeit des Tarifvertrages auch aus sogenannter betrieblicher Übung ergeben.
(eingestellt am 08.04.2023)