Tipps und Urteile

Eine Verlegung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers von der Dauernachtschicht in die Wechselschicht stellt keine mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG dar. (Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, Urteil vom 07.12.2017, Aktenzeichen 3 Ca 3093/17)
Der Kläger dieses Verfahrens war in einer Fabrik in Bremen in Dauernachtschicht beschäftigt. Es war zu wiederholten erheblichen Fehlzeiten des Klägers gekommen. Deshalb war bei der beklagten Arbeitgeberin ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden. Zum Ende des betrieblichen Eingliederungsmanagements teilte der Kläger mit, dass er Fähigkeit gerecht eingesetzt werde und keine weiteren Ausfallzeiten zu erwarten seien. Es kam in der Folgezeit dann aber doch zu weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Daraufhin setzte die Beklagte den Kläger in die Wechselschicht um. Sie begründete dies damit, dass sich durch eine Belastungsveränderung möglicherweise eine Reduzierung der Fehlzeiten erreichen lasse.
Der Kläger machte vor dem Arbeitsgericht Bremen die Unwirksamkeit der Umsetzung von der Dauernachtschicht in die Wechselschicht geltend. Ein wesentlicher Teil der Begründung seines Antrags war, dass die Beklagte den Betriebsrat nicht angehört hatte. Bei der Umsetzung von der Dauernachtschicht in die Wechselschicht habe es sich um eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gehandelt. Es hätte daher nach seiner Auffassung die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG eingeholt werden müssen.
Das Arbeitsgericht Bremen folgte dieser Auffassung nicht. Es sah die Umsetzung in den Schichten nicht als Versetzung an. Deshalb bestand nach seiner Auffassung auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Gemäß § 95 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz ist eine Versetzung „… die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.“
Der Kläger habe in dem Verfahren nur vorgetragen, dass die Arbeit nach der Umsetzung zu einer anderen Zeit stattfinde als bisher. Inwieweit sich die Arbeit inhaltlich oder aufgrund sonstiger Umstände geändert haben soll, habe der Kläger nicht erläutert.

Bewertung/Tipp:
Das Bundesarbeitsgericht hat aus diesem Wortlaut der Vorschrift gefolgert, dass auch eine erhebliche Änderung der Lage der Arbeitszeit von Arbeitnehmern noch keine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG darstelle. Wenn kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen werde, liege keine Versetzung vor.
Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs plus erheblicher Veränderung der Arbeitszeiten ist also eine Versetzung. Veränderung der Arbeitszeiten allein nicht.
Das Arbeitsgericht Bremen befindet sich demnach im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage, wann man von einer mitbestimmungspflichtigen Versetzung ausgehen muss (Bundesarbeitsgericht, Aktenzeichen 1 ABR 21/90).
Wenn auch eine Versetzung von der Dauernachtschicht in die Wechselschicht eine erhebliche Änderung der Arbeitszeit und somit der Umstände darstellt, unter denen die Arbeit zu leisten ist, kommt man doch um den Wortlaut nicht herum.

Im Einzelfall kann eine Mitbestimmungspflicht sich aus § 87 Abs. 1 Nummer 2 BetrVG ergeben. Nach dieser Bestimmung besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht nur darüber, ob im Betrieb überhaupt in mehreren Schichten gearbeitet werden soll und wann die einzelnen Schichten beginnen und enden sollen, sondern auch darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmer von der einen Schichten eine andere Schutzschicht wechseln sollen (BAG a. a. O., Rn. 29).
(eingestellt am 08.02.2023)