Tipps und Urteile 2018
Die Wissenschaft, einen Brief so zuzustellen, dass man den Zugang beim Empfänger vor Gericht beweisen kann
Der Beweis von Zugang und Zeitpunkt des Zugangs eines Schriftstücks ist schwieriger, als man sich das als Laie vorstellt.
Im Arbeitsrecht und in vielen anderen Rechtsgebieten kommt es des Öfteren darauf an, dass man den Zugang und Zeitpunkt des Zugangs eines Schriftstücks beim Empfänger beweisen kann. Das gilt im Bereich des Arbeitsrechts zum Beispiel für ein Kündigungsschreiben oder ein Schreiben, mit dem Forderungen aus einem Tarifvertrag geltend gemacht werden.
Ein Schriftstück ist zugegangen, wenn es so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass er unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, es zu lesen. Nach der Rechtsprechung wird das angenommen, wenn ein Brief in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen wurde.
- Einfacher Brief
Ein einfacher Brief ist, wie sich jeder leicht vorstellen kann, die gefährlichste Methode. Briefe können in der Post verloren gehen.
- Einschreiben
Mandanten erklären dann öfters „dann schicke ich ein Einschreiben“.
Nachteil: Mit dieser Versendungsart ist man nicht viel weiter. Man kann beweisen, dass man einen Briefumschlag bei der Post abgegeben hat. Was darin gewesen ist, nicht. Man kann auch nicht nachweisen, ob es angekommen ist und wann.
- Einwurfeinschreiben
„Also dann schicke ich eben ein Einwurfeinschreiben“ sagt der Mandant.
Bei einem Einwurfeinschreiben kann man anhand des Beleges, den man einem Postschalter erhält, über das Internet einen Nachweis darüber bekommen, dass der Brief in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen worden ist.
Nachteil:
Immer noch gefährlich. Besonders, wenn der Empfänger in einem Mehrfamilienhaus wohnt. Ein Arbeitsrichter erklärte in einem Prozess einmal, dass bei mehreren Briefkästen nicht auszuschließen sei, dass der Postbedienstete sich vertan und den Brief beispielsweise in den Nachbarbriefkasten geworfen hat.
- Einschreiben mit Rückschein
„O. k., also schicke ich ein Einschreiben mit Rückschein“
Man bekommt, wenn die Übergabe des Briefes erfolgt ist, eine Karte mit der Unterschrift des Empfängers darauf zurückgesandt.
Nachteil:
Wenn der Empfänger zu Hause ist, könnte er die Annahme des Briefes verweigern. Dadurch könnte wertvolle Zeit verloren gehen. Wenn er nicht zu Hause sein sollte, bekommt er einen kleinen Zettel mit einer Benachrichtigung, dass er das Einschreiben bei der Post abholen kann. Holt er das Einschreiben nicht ab (vielleicht, weil er weiß, dass es ohnehin nur Ärger einbringen wird), so gilt es nach der Rechtsprechung als nicht zugegangen.
Nachteil bei allen Einschreibearten:
Man kann nicht beweisen, was für ein Schriftstück in dem Briefumschlag, den man zur Post gegeben hat, enthalten war.
Da kann man aber vorsorgen. Das ist aber aufwändig: Beispielsweise, indem man eine Person, die als Zeuge dienen kann, am besten eigenhändig eine Kopie von dem unterschriebenen Schriftstück, dass in den Umschlag gesteckt werden soll, anfertigen lässt. Diese Person schaut auch zu, wie das unterschriebene Schriftstück in den Umschlag gesteckt wird und ist dabei, wenn der Brief bei der Post abgegeben wird oder gibt den Umschlag selbst bei der Post ab. Hinterher wird auf der Kopie vermerkt, dass Zeuge XY selbst diese Kopie angefertigt hat, dabei gewesen ist als der Originalbrief in den Umschlag gesteckt und zur Post gegeben wurde. Ort, Datum, Unterschrift.
- Übergabe durch Boten
„Also schicke ich einen Boten, so vermeide ich wenigstens das Risiko, dass der Brief bei der Post zu langsam befördert wird oder sogar verloren geht.“
Wenn der Bote genau so arbeitet, wie ich oben unter „Nachteil bei allen Einschreibearten“ beschrieben habe, eine recht sichere Methode. Also eigenhändige Fotokopie erstellen, Brief eigenhändig in den Umschlag stecken, Umschlag selbst in den Briefkasten des Empfängers einstecken, Vermerk auf der Fotokopie, aus dem sich ergibt, dass wie eben beschrieben verfahren wurde. Ort, Datum, Unterschrift.
Nachteil:
Es könnte sein, dass Sie keinen Boten haben oder niemanden aus Ihrem näheren Freundeskreis oder Bekanntenkreis in die Angelegenheit hineinziehen möchten. Auch könnte es passieren, dass der Bote sich später nicht mehr so genau erinnert (weil der Sachverhalt vielleicht erst Jahre später relevant wird). Oder es könnte sein, dass er Ihnen später nicht mehr so wohlgesonnen ist, wie es einmal gewesen ist und daher „Erinnerungslücken“ bekommt. Insgesamt ist das aber schon eine sehr zuverlässige Methode.
- Zustellung durch den Gerichtsvollzieher über die Post
„Wenn alle Zusendungsmethoden risikobehaftet sind, was hilft denn dann?“
Eine Methode, die weitestgehend unbekannt ist. Man wendet sich an das Amtsgericht, Gerichtsvollzieherverteilerstelle. Dort übergibt man (bzw. dorthin übersendet man) das Original des Schriftstücks, das man dem Empfänger zustellen möchte. Der Gerichtsvollzieher fertigt eine Kopie an, die er beglaubigt. Die Zustellung nimmt der Gerichtsvollzieher durch die Post vor. Dort wird Ort und Zeitpunkt der Zustellung beglaubigt. Man bekommt vom Gerichtsvollzieher die beglaubigte Kopie und die Postzustellungsurkunde zurück. Zuständig für den Auftrag an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle ist das Amtsgericht, dass für den Wohnort des Empfängers zuständig ist.
- Zustellung durch den Gerichtsvollzieher persönlich Diese Zustellungsart hat gegenüber der Zustellungsart gemäß Nummer 6 den Vorteil, dass bei persönlichem Erscheinen des Gerichtsvollziehers an der Tür dem Empfänger sehr deutlich gemacht wird, dass es jetzt ernst wird. Vorteile der Zustellung durch Gerichtsvollzieher: Sollte der Zugang eines Schriftstücks strittig werden, kann man ihn durch die beglaubigte Kopie und die Postzustellungsurkunde beweisen. Die Benennung von Zeugen ist nicht mehr notwendig. Eine sehr sichere Methode also.
Die Kosten der oben unter 6. und 7. benannten Zustellungsarten betragen zwischen 15,00 und 35,00 €. Genaueres sollten Sie bei der Gerichtsvollzieher Verteilerstelle erfragen.
(eingestellt am 01.05.2018)