Tipps und Urteile 2018

Ein bereits erteiltes Arbeitszeugnis kann bei treuwidrigem Verhalten des Arbeitnehmers widerrufen werden. (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.10.2017, Aktenzeichen 1 Sa 228/17)

Ein Hochbauingenieur war befristet vom 01.07.2014 bis zum 31.10. 2016 in der Verwaltung einer Gemeinde beschäftigt.

Er hatte unter dem Datum 20.07.2016 ein Zwischenzeugnis mit einer durchschnittlichen Beurteilung erhalten.

Für die Erteilung von Arbeitszeugnissen gab es bei der Gemeinde eine klare Zuständigkeitenregelung. Der Leiter Allgemeine Verwaltung war für die Erstellung des Zeugnisses zuständig. Dies musste er nach Einholung einer Zuarbeit des zuständigen Fachvorgesetzten erstellen und sodann der Bürgermeisterin zur Unterschrift vorlegen.

Dieser Dienstweg war dem Ingenieur auch bekannt.

Er erstellte am 27.10.2016 einen eigenen Entwurf eines Zwischenzeugnisses mit einer sehr guten Beurteilung. Diesen Entwurf legte er am 28.10.2016 dem stellvertretenden Bürgermeister vor. Die Bürgermeisterin hatte an diesem Tag Urlaub. Der stellvertretende Bürgermeister erkundigte sich zunächst bei dem unmittelbaren Vorgesetzten – nicht dem Fachvorgesetzten – des Ingenieurs, ob das Zwischenzeugnis in Ordnung sei und unterzeichnete dann das Zeugnis.

Die Gemeinde widerrief das Zeugnis mit Schreiben vom 04.11.2016. Sie beantragte zunächst beim Arbeitsgericht, den Ingenieur zu verurteilen, das Arbeitszeugnis vom 27.10.2016 an die Gemeinde herauszugeben. Beim Arbeitsgericht wurde ihre Klage abgewiesen. Beim Landesarbeitsgericht hatte Gemeinde aber Erfolg.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein war der Auffassung, dass der Kläger sich mit der Umgehung des Dienstweges treuwidrig verhalten habe und sah daher einen Anspruch der Gemeinde auf Herausgabe des Arbeitszeugnisses § 242 BGB.

Dieser Sachverhalt war schon sehr speziell. Er gibt aber einen Anlass, darauf hinzuweisen, dass es in der Rechtsprechung schon mehrfach Fälle gegeben hat, in denen der Arbeitgeber ein Zeugnis widerrief und zurückverlangte. In der Rechtsprechung wird ein Anspruch auf Herausgabe des Arbeitszeugnisses Zug um Zug gegen Erteilung eines neuen Arbeitszeugnisses gesehen, wenn dem Arbeitgeber nach Erstellung des Arbeitszeugnisses nachträglich Tatsachen bekannt geworden sind, die zu einer anderen Zeugnisbeurteilung geführt hätten. Das Zeugnis muss dann wesentliche Unrichtigkeiten enthalten, die für einen anderen Arbeitgeber bei der Einstellungsentscheidung von ausschlaggebender Bedeutung sein können. Es muss um wesentliche Grundlagen gehen, beispielsweise wird im Nachhinein ein Diebstahl bei dem Arbeitgeber festgestellt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2005, 3 Sa 359/705).
(eingestellt am 15.05.2018)