Tipps und Urteile 2018

Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers bei Nichtberücksichtigung des Wunsches nach Verlängerung der Arbeitszeit.
Wenn ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer dem Arbeitgeber angezeigt hat, dass er sich eine Verlängerung der Arbeitszeit wünscht, macht der Arbeitgeber sich schadenersatzpflichtig, wenn er dem Arbeitnehmer trotz Eignung keine Verlängerung der Arbeitszeit anbietet und einen anderen Arbeitnehmer einstellt. Es besteht dann ein Anspruch auf Schadenersatz in Geld. Ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit besteht nicht. Voraussetzung für den Schadenersatz in Geld ist, dass der Arbeitgeber die Besetzung einer Stelle mit einem anderen Arbeitnehmer zu vertreten hat. (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.07.2017, Aktenzeichen 9 AZR 259/16)


Kommentar
§ 9 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gibt in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern einen Anspruch auf Verlängerung ihrer vertraglichen Arbeitszeit. Bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bevorzugt berücksichtigen. Oft genug kommt es in der Praxis vor, dass Arbeitgeber den Wunsch des Arbeitnehmers auf Verlängerung der Arbeitszeit ignorieren und durch die Einstellung anderer Arbeitnehmer Tatsachen schaffen.
Das Urteil hilft, solchem Arbeitgeberverhalten entgegenzutreten. Allerdings: der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts fordert ein Verschulden des Arbeitgebers. Da § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes „… bei gleicher Eignung …“ zuspricht, „… es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.“, bleibt aus Sicht des Arbeitnehmers immer noch einiges an Unsicherheiten, aus Sicht des Arbeitgebers einiges an Möglichkeiten, ein Verschulden von sich zu weisen.

Tipp
Wenn Ansprüche von Arbeitnehmern konsequent verfolgt werden, bestehen gute Chancen, § 9 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes durchzusetzen. Arbeitnehmern rate ich – wie so oft – „den Beweis mitzudenken“. D. h. im Falle eines Wunsches nach einer Verlängerung der Arbeitszeit sollten Sie dem Arbeitgeber Ihren Wunsch so übermitteln, dass Sie dies in einem späteren Streitfall auch beweisen können.
Wenn es im Betrieb einen Betriebsrat gibt, sollten Sie auch den Betriebsrat von Ihrem Wunsch informieren sowie darüber, dass Sie dem Arbeitgeber Ihren Wunsch übermittelt haben. Der Betriebsrat hat in einem solchen Fall ein starkes Mitbestimmungsrecht, mit dem er Ihnen helfen kann.

Tipp für Betriebsräte
Bei Neueinstellungen besteht bekanntlich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz. Die Nichtberücksichtigung des Wunsches auf Arbeitszeitverlängerung eines Teilzeitbeschäftigten verstößt gegen § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz. Damit liegt ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz vor, wenn der Arbeitgeber andere Arbeitnehmer einstellen will, ohne den Wunsch von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern auf Verlängerung der vertraglichen Arbeitszeit zu berücksichtigen.

Betriebsräte sollten immer eine innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen gemäß § 93 Betriebsverfassungsgesetz verlangen. Die Ausschreibung ermöglicht es ihnen unter anderem, rechtzeitig zu erkennen, wenn geeignete Arbeitsplätze frei werden.
(eingestellt am 01.02.2018)