Tipps und Urteile 2017

Kurzfristige Auftragslücken bei der Vermittlung eines Leiharbeitnehmers sind keine ausreichende Begründung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz für eine betriebsbedingte Kündigung (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2017, 2 Sa 1188/16 und 2 Sa 01.08.2005/16 – juris)

Der Einsatz der Leiharbeitnehmerin bei dem letzten Kunden der Verleihfirma hatte am 29.02.2016 geendet. Bereits nach 3 Wochen, am 22.03.2016, hatte die Verleihfirma ihren Betriebsrat zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitnehmerin angehört. Danach kündigte sie wegen Auftragsrückgangs. Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin hatte Erfolg.
Drei Wochen sind, so das LAG Berlin-Brandenburg, eine kurzfristige Auftragslücke. Kurzfristige Auftragsschwankungen gehören zum typischen Wirtschaftsrisiko von Verleihunternehmen.
Die Arbeitgeberin muss daher im Kündigungsschutzprozess anhand der Auftrags- und Personlaplanung detailiert darlegen, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang vorliegt und warum nicht ein Einsatz bei einem anderen Kunden erfolgen kann. Das Verleihunternehmen muss auch prüfen und darlegen, ob Anpassungsfortbildungen zur Vermittlung in einen anderen Auftrag helfen. 

Tipp:
Wenn hier das Gericht zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz bedingt war, hätte es weiter geprüft, ob die Arbeitgeberin eine ordnungsgemäße Sozialauswahl im Sinne von § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz durchgeführt hatte. Es wäre zu prüfen gewesen, ob die Arbeitgeberin bei der Auswahl der Arbeitnehmerin zur Kündigung die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung ausreichend berücksichtigt hatte.

Dies Erfordernis wird nach meiner Erfahrung von Verleihfirmen des Öfteren missachtet. Es wird dann nach dem Motto vorgegangen: „Der Auftraggeber hat den Auftrag gekündigt und damit ist auch Ihr Arbeitsplatz weggefallen.“
Eine Sozialauswahl wäre unter allen Arbeitnehmern der Verleihfirma mit vergleichbarer Qualifikation wie der der Klägerin durchzuführen gewesen. Gegebenenfalls wäre ein anderer Arbeitnehmer / eine andere Arbeitnehmerin der Verleihfirma zu kündigen gewesen und die betroffene Arbeitnehmerin in dem Auftrag einzusetzen gewesen, der zuvor von der anderen Arbeitnehmerin / dem anderen Arbeitnehmer „erfüllt“ wurde.
(eingestellt am 05.10.2017)