Tipps und Urteile 2016

Mein Arbeitgeber zahlt den Lohn verspätet. Was kann ich tun?“
Es gibt jetzt einen Anspruch des Arbeitnehmers auf pauschalen Schadenersatz i.H.v. 40,00 €

Mir wird immer wieder von Arbeitnehmern berichtet, denen regelmäßig der Arbeitgeber die Vergütung zu spät zahlt. Auch gibt es leider Arbeitgeber, die das „Instrumentarium“ der verspäteten Zahlung gezielt nutzen, um missliebige Arbeitnehmer zu zermürben.
Es gibt dann zwar schon nach der alten Gesetzeslage – unter anderem – einen Anspruch auf Verzugszins. Dass dem Arbeitnehmer damit nicht viel geholfen ist, zeigt folgende Beispielsrechnung:

Zahlt ein Arbeitgeber 2500,00 € brutto nicht am 30.08.2016, sondern erst am 15.09.2016, so fallen für die 15 Tage Zahlungsverzug bei dem derzeit gültigen Basiszinssatz 4,22 € Zinsen an (gesetzlicher Zinssatz bei Zahlungsverzug: 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz). Dieser Betrag wiegt die dem Arbeitnehmer entstehenden Unannehmlichkeiten und den Ärger wohl kaum auf.

Für Fälle dieser Art gibt es jetzt eine gesetzliche Verbesserung. Seit dem 22.07.2014 gilt § 288 BGB (abrufbar unter www.gesetze-im-internet.de) in einer geänderten Fassung. Abs. 5 des Paragraphen lautet:

„Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.“

Mit der Neufassung von § 288 BGB hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 2000/35/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.06.2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr umgesetzt.

Folge der Neuregelung ist:
Bei verspäteter Zahlung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer unabhängig von den ihm tatsächlich entstandenen Kosten eine Pauschale von 40,00 € verlangen. Dieser Betrag kann auch verlangt werden, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil der Forderung schuldig bleibt, also beispielsweise von 2500,00 € brutto 20,00 € netto - und diese 20,00 € netto dann statt am 31.08.2016 am 01.09.2016 zahlt.
Die Pauschale fällt auf die gesamte monatliche Forderung an und nicht auf einzelne Teile davon gesondert (also nicht gesondert auf Grundvergütung, Mehrarbeitszuschlag, Weihnachtsgeld usw.).
Zahlt der Arbeitgeber regelmäßig jeden Monat zu wenig, z.B. weil er den Arbeitnehmer falsch eingruppiert, so wird auch jeden Monat die Pauschale von 40,00 € fällig.

Mittlerweile ist ein Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf (vom 12.05.2016, Aktenzeichen 2 Ca 5416/15) bekannt geworden, das die Verzugskostenpauschale auf Arbeitsverhältnisse für nicht anwendbar erklärte. Das Arbeitsgericht Düsseldorf geht in der Entscheidung davon aus, der Gesetzgeber habe hier unbeabsichtigt eine Lücke gelassen. Ich stelle den juristischen Streit hier nicht weiter dar. Dies würde den Rahmen dieser Homepage, mit der ich praktische Anwendung und Auswirkungen von Arbeitsrecht darstellen möchte, sprengen. An dieser Stelle sei nur mitgeteilt, dass ich anderer Auffassung bin. Ebenso auch andere Arbeitsgerichte. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Berufung gegen seine Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Daher ist damit zu rechnen, dass (nach einer Entscheidung des zuständigen Landesarbeitsgerichts) eine Klärung durch das Bundesarbeitsgericht erfolgen wird.

Ich empfehle betroffenen Arbeitnehmern, schon jetzt diesen Anspruch geltend zu machen. Nicht alle Arbeitsgerichte entscheiden so wie das Arbeitsgericht Düsseldorf.
Eine Geltendmachung der Pauschale ist für alle Forderungen möglich, die nach dem 30.06.2016 fällig geworden sind. Soweit ein Schuldverhältnis (also in der Regel ein Arbeitsvertrag) nach dem 28.07.2014 entstanden (abgeschlossen) ist, ist die Geltendmachung der Pauschale auch für Forderungen, die zwischen dem 28.07.2014 und dem 30.06.2016 fällig geworden sind, möglich (Art. 229 § 34 S. 1 und 2 EGBGB).