Tipps und Urteile 2016

„Ich habe gar keinen Arbeitsvertrag, Herr Bonkowski“.
Müssen Arbeitsverträge schriftlich abgeschlossen werden? Welche Folgen hat es, wenn es „nichts Schriftliches“ gibt?
 

Manchmal bekomme ich in einem Beratungsgespräch auf meine Frage nach dem Arbeitsvertrag – begleitet von einem bedeutungsvollen Blick – diese Antwort: „Ich habe gar keinen Arbeitsvertrag, Herr Bonkowski.“
Juristisch gesehen ist das nicht ganz richtig. Grundsätzlich können in Deutschland nämlich Verträge formfrei abgeschlossen werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz werden im Gesetz ausdrücklich genannt. Das sind z.B. Grundstückskaufverträge. Diese müssen notariell beurkundet werden (§ 311 b Abs. 1 BGB). Oder eigenhändige Testamente. Die müssen vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein (§ 2247 BGB).
Für Arbeitsverträge gibt es keine vergleichbare Vorschrift. Sie können formfrei abgeschlossen werden. Also auch mündlich – wie der Vertrag über den Kauf einer Tüte Brötchen beim Bäcker.  

Spätestens innerhalb eines Monats nach einem mündlichen Abschluss eines Arbeitsvertrages muss es aber doch etwas Schriftliches geben. Das ergibt sich aus dem Nachweisgesetz, § 2 I. Danach muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine unterzeichnete Niederschrift vorlegen. Diese muss mindestens den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien enthalten, den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, den Arbeitsort oder bei wechselnden Arbeitsorten einen Hinweis darauf, dass der Arbeitsort wechseln kann, eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit, die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit, die vereinbarte Arbeitszeit, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs, die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.
Wenn der Arbeitgeber einen solchen Nachweis nicht erteilt, droht das Gesetz ihm keine unmittelbaren Sanktionen an. Mittelbare aber schon. Denn sollte dem Arbeitnehmer daraus, dass der Arbeitgeber keinen Nachweis erteilt hat, ein Schaden entstehen, ist der Arbeitgeber dafür ersatzpflichtig. Ein solcher Anspruch kann sich beispielsweise ergeben, wenn auf das Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag mit einer tariflichen Ausschlussfrist anzuwenden ist. Wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch (z.B. Urlaubsabgeltung) geltend macht und der Arbeitgeber sich auf die Ausschlussfrist aus dem Tarifvertrag beruft, kommt er im Ergebnis damit nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird die tarifliche Ausschlussfrist zwar wirksam. Aber der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer dann Schadensersatz (BAG 5. November 2003 - 5 AZR 676/02). 

Übrigens: Aufhebungsverträge müssen im Gegensatz zu Arbeitsverträgen in Schriftform abgeschlossen werden (§ 623 BGB). Das bedeutet, beide Arbeitsvertragsparteien müssen eine Urkunde über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterschreiben. Möglich ist auch, dass zwei gleiche Urkunden geschrieben werden und jede Partei der anderen Partei eine von ihr unterschriebene Urkunde überreicht (§ 126 Abs. 2 BGB).