Tipps und Urteile 2015

Schutz durch Entschädigungsanspruch für schwangere Frauen wegen wiederholter Kündigung während der Schwangerschaft 

Es gab hier 2 Prozesse. Zunächst einen juristisch einfachen Kündigungsschutzprozess:
Der Arbeitgeber, ein Rechtsanwalt, kündigte während der Probezeit. 8 Tage nach Erhalt des Kündigungsschreibens teilte die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber mit, dass sie schon zum Zeitpunkt des Erhalts des Kündigungsschreibens schwanger gewesen sei . Das Arbeitsgericht Berlin erklärte die Kündigung für unwirksam (Grund: § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz).
In dem Kündigungsschutzprozess hatte die Arbeitnehmerin eine Kopie Ihres Mutterpasses vorgelegt. Aus diesem ging hervor, dass der voraussichtliche Entbindungstermin der 25.01.2015 war.

Der Arzt der Arbeitnehmerin verfügte danach ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz, das bis zum 13.12.2014 dauerte.
Dann der zweite Prozess: Mit Schreiben vom 18.12.2014 kündigte der Arbeitgeber erneut das Arbeitsverhältnis, diesmal „fristlos aus wichtigem Grund“. Begründung: Die Arbeitnehmerin habe sich nach Ende des Beschäftigungsverbots nicht bei ihm gemeldet. Sie habe unentschuldigt gefehlt.
Die Arbeitnehmerin erhob auch gegen diese Kündigung eine Kündigungsschutzklage. Der Grund für ihr Fehlen und dafür, dass sie sich nicht gemeldet hatte, war § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz. Nach dem 13.12.2014 galt für die Klägerin das gesetzliche Beschäftigungsverbot für schwangere Frauen 6 Wochen vor der Entbindung.
Die Unwirksamkeit auch dieser Kündigung stand somit völlig außer Frage. Das Arbeitsgericht Berlin hat auch in dem 2. Kündigungsschutzprozess die Kündigung für unwirksam erklärt.

Was das Urteil besonders interessant macht: Zusätzlich verlangte die Frau von dem Arbeitgeber eine Geldentschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von mindestens 1500,00 €. Der Arbeitgeber habe sie ersichtlich wegen ihrer Schwangerschaft gekündigt. Das sei eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Der Arbeitgeber konterte, er sei nach dem Ende des Beschäftigungsverbotes davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft der Klägerin „anders schon beendet sei“.
Diesen Vortrag ließ das Arbeitsgericht Berlin nicht als Entkräftigung der von der Arbeitnehmerin vorgetragenen Indizien im Sinne von § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz gelten.
Für die Plausibilität seiner Annahme habe der Arbeitgeber keinerlei Anhaltspunkte geliefert. Er habe sich vielmehr angesichts seiner Vorkenntnisse aus Vorprozess und Mutterpass der Klägerin schlicht der Einsicht verschlossen, dass die Arbeitnehmerin weiterhin schwanger sein könnte.
Über diese Frage hätte er sich leicht durch Nachfrage bei dem Rechtsanwalt der Arbeitnehmerin Klarheit verschaffen können. Auch wertete das Gericht zulasten des Arbeitgebers, dass er auch die 2. Kündigung ausgesprochen hatte, ohne zuvor die gemäß § 9 Abs. 3 Mutterschutzgesetz erforderliche Genehmigung der obersten Arbeitsschutzbehörde einzuholen.
Das Arbeitsgericht Berlin sah in der 2. Kündigung daher eine Diskriminierung wegen des Geschlechts und sprach der Arbeitnehmerin eine Geldentschädigung von 1500,00 € zu. (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 08.05.2015, Aktenzeichen 28 Ca 18485/14

Tipp dazu:
Wenn Sie Schadensersatz oder Schmerzensgeld wegen einer Diskriminierung gegen einen Arbeitgeber geltend machen wollen, müssen Sie unbedingt den Anspruch innerhalb von 2 Monaten schriftlich geltend machen, es sei denn, ein Tarifvertrag, der auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet, enthält andere Bestimmungen (§ 15 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Innerhalb von 3 Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung müssen Sie eine Klage beim Arbeitsgericht einreichen (§ 61b Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz). Wenn Sie diese Fristen versäumen, verfallen Ihre Ansprüche.