Tipps und Urteile 2019

Nichtbeschäftigung eines Arbeitnehmers aus Schikane:
Die Nichtbeschäftigung eines Arbeitnehmers, die nicht durch überwiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers gedeckt ist, stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers dar. Für eine solche Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht einem Arbeitnehmer eine Entschädigung in Geld zu. (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2018, Aktenzeichen 26 Sa 1246/17)

Ein klassischer Mobbingfall: der Arbeitnehmer hatte im Juni 2013 eine Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten, bei dem der Vorgesetzte dem Arbeitnehmer mitteilte, er werde „nicht notgeschlachtet“. Danach teilte dieser dem Arbeitnehmer mit, sein Arbeitsplatz würde zum 30.09.2013 wegfallen. Ihm wurde ein Abfindungsangebot gemacht, das er nicht annahm. Die Arbeitgeberin entzog dem Arbeitnehmer danach mit Schreiben vom 16.08.2013 seine bisherigen Arbeitsaufgaben, ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Diese Aufgaben übertrug die Arbeitgeberin auf die Kollegen des Klägers. Er hatte zuvor in einem Großraumbüro mit seinem Team gearbeitet. Jetzt wurde er in ein Einzelbüro versetzt. Allein von März 2014 bis Juni 2015 erhielt der Arbeitnehmer fast 10 Monate keine Arbeitsaufgaben in seinem Einzelbüro mehr, danach fast ein Jahr nicht mehr. Das Gehalt wurde weiter gezahlt.

Der Arbeitnehmer erhob zunächst vor dem Arbeitsgericht Berlin eine Klage auf Zahlung einer Entschädigung. Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab. Der Arbeitnehmer hatte mit der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Erfolg. Die Arbeitgeberin wurde verurteilt, an den Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe von 5.000,00 € zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Es hat das Urteil damit begründet, dass die vorsätzliche Nichtbeschäftigung eines Arbeitnehmers regelmäßig das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers verletze. Wenn der Arbeitgeber keine schutzwürdigen und überwiegenden Interessen für die Nichtbeschäftigung habe (zum Beispiel, wenn die Aufrechterhaltung der Arbeit nur mit wirtschaftlich nicht sinnvollen und damit nicht zumutbaren Mitteln möglich wäre), ergebe sich ein Anspruch auf eine Entschädigung.
Es handele sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern „um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz zurückgeht“. Bei der Entschädigung stehe – anders als beim Schmerzensgeld – der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Sie soll außerdem präventiven Charakter haben.

Bewertung / Tipp:
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Das interessante daran ist, dass bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Gesundheitsschaden des Arbeitnehmers von diesem nicht nachgewiesen werden muss. Es ist in der Regel nämlich sehr schwer, nachzuweisen, dass ein erlittener Gesundheitsschaden (in der Regel ist von psychischen Gesundheitsschäden auszugehen, um die es geht) seine Ursache in Mobbingmaßnahmen des Arbeitgebers wie der vorliegenden hat.
(Eingestellt am 15.10.2019)